Sprache - Identität - neuer Versuch

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<t>Wenn Sprache mit der Identität zusammenhängt, haben Menschen dann Probleme, Bilinguale einzuordnen?</t>

Ja
1
33%
Nein
2
67%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3

MBW
Bilingual Newbie
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Registriert: 7. Mär 2006 18:50

Sprache - Identität - neuer Versuch

Beitrag von MBW »

Da mein vorheriger Beitrag etwas zu eifrig erstellt und dann wieder zu eifrig gelöscht wurde, schreibe ich ihn erneut.
Bin keine Muttersprachlerin und interessiere mich neben meinem Job, der eher mit Datenbanken zu tun hat für den Themenkomplex "Sprache und Identität", weil ich hierbei als Bilinguale einschlägige Erfahrungen gemacht habe.

Bei einem Buch zum Thema, nennt der Autor ein Beispiel als Antwort auf die Frage, was Sprache mit Identität zu tun hat:

Vielleicht könnt ihr mir helfen.

Man soll sich vorstellen, man stünde mit mehreren Fremden an einem Taxistand und ein leeres Taxi rauscht ohne anzuhalten vorbei. Drei Kommentare folgen auf das Ereignis.

A: Outrageous.
B: I say.
C: Fuckin hell.

Nun soll man sich Gedanken machen zum Erscheinungsbild, möglichem Hintergrund, Sympathiegrad.

In meinem vorherigen Beitrag hatte ich bereits meine Überlegungen eingetragen. CID hatte geantwortet, dass die verwendeten Wörter alle britisch klingen und den Rest habe ich vergessen.
Wie würdet ihr die Leute typisieren?

NEU: Für die deutschen Muttersprachler, denke ich mir jetzt einfach ein eigenes halbwegs vergleichbares Beispiel aus:

An einem Taxistand stehend entfährt es den wartenden bei einem vorbeifahrendem leerem Taxi in der folgenden Weise:

X: 'A r s c h l o c h'.
Y: Vermalledeit.
Z: Unverschämtheit.

Wenn ihr die Personen ABC und XYZ bildnerisch oder verbal 'zeichnen' solltet oder typisieren solltet, in welche Töpfe würdet ihr sie stecken, wie wären diese Leute, was ist klar in eurer Vorstellung, was nicht? Gibt es ein Bild, das sich euch gleich aufdrängt, wenn ihr euch die Situation und die genannten Reaktionen vorstellt?

LG
Marta
Zuletzt geändert von MBW am 8. Mär 2006 23:53, insgesamt 3-mal geändert.




CID
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Beitrag von CID »

Muss ich etwas relativieren:

"I say" ist BE (zudem altmodisch)

"fucking hell" hatte ich bisher nur von Briten gehört, weiß aber nicht, ob es wirklich typsch BE ist.

"outrageous" ist m. E. nicht typisch britisch.

$pidermonkey
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Beitrag von $pidermonkey »

Pauschel gesehen:
"I say" wäre dann wohl ein altmodischer Mensch.
"outrageous" ein eher gebildeter bis normaler.
"Fuckin hell" ein ordinärer.

Aber ich verstehe das Problem nicht ganz. Du versuchst, Menschen aufgrund eines geäußerten Ausdruckes zu charakterisieren? Man kann das keineswegs daran festmachen. Es gibt auch übermäßig gebildete Professoren, denen mal ein "fuckin' hell" rausrutscht. Genauso kann jeder debile Trottel irgendwo "outrageous" oder "I say" aufschnappen und es dann nur noch sagen.
Ich denke es bedarf schon eines ausgedehnteren Gesprächs, um anhand der Ausdrucksweise die wahre Natur eines Menschen zu erkennen.
Du bist Herr deiner Worte, doch, einmal gesprochen, beherrschen sie dich.

Cliff
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Beitrag von Cliff »

$pidermonkey hat geschrieben:Es gibt auch übermäßig gebildete Professoren, denen mal ein "fuckin' hell" rausrutscht.
So sieht es aus. Ich würde behaupten, daß jedem Muttersprachler mal das f-Wort über die Lippen kommt. Man kann einen Menschen daran nicht charakterisieren, ob er es benutzt, sondern eher wie häufig er er es benutzt und in welchem Zusammenhang.
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MBW
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Beitrag von MBW »

Aber ich verstehe das Problem nicht ganz. Du versuchst, Menschen aufgrund eines geäußerten Ausdruckes zu charakterisieren?
Ich denke auch nicht, dass das geht. Ich versuche den Zusammenhang mit Sprache und der Identität eines Menschen zu finden. Vermutlich ist dieser 'nur' indirekt und sehr schwer festzumachen. Dass man Vorhersagen darüber treffen kann, nur weil man bemerkt hat, dass Leute einen nach Sprache beurteilen, ist ja auch eine sehr guuute Frage.

Aber ich finde es interessant. Finde auch, dass es nie nur die Sprache ist. Ich selbst habe bei dieser Aufgabe auch die Umstände in Betracht gezogen um mir zu überlegen, was es für Menschen sein könnten:

(Wer unbeeinflusst sein will, lese den folgenden Teil erst nach seiner Antwort)

also auch den Fakt, dass es scheinbar taghell zu sein scheint, dass es wahrscheinlich kein deutscher Taxistand ist, dass es wohl nicht ganz die Ärmsten Leute sein dürften, wenn sie mit dem Taxi fahren (wobei das im Ausland anders sein könnte), dass es wohl recht stressig zugehen muss, vielleicht ist es die "rush hour".... Damit sind schon viele Menschen ausgeschlossen. Wenn ich mir die Aussagen vorstelle, kann ich mir sogar nahezu audiovisuell den Menschen und seine Stimme vorstellen.
Bei outrageous dachte ich gleich an eine korpulente Dame in einem Mantel, bei I say an einen älteren Mann, bei Fuckin hell an einen jungen unbeherrschten Typen in Jeans.

Geht ihr auch so vor?

CID
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Beitrag von CID »

Ich weiß nicht, ob du da nicht zu viel hineininterpretierst. Ich denke es geht nur um die Sprache!

Ich glaube nicht, dass der Verfasser dieser Szene zum Ausdruck bringen wollte, welche Uhrzeit es sein könnte (rush hour), oder ob es Leute sind die Geld haben (Taxi fahren) oder sonst irgend etwas in diese Richtung. Er wollte wohl nur ein Beispiel finden, wie verschiedene Leute DERSELBEN Situation sprachlich begegnen, also mit welchen Ausdrücken sie darauf reagieren.

IMHO

CID
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Beitrag von CID »

Und wieder was gelernt :freu: :freu: :freu:

CID
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Beitrag von CID »

CID hat geschrieben:Muss ich etwas relativieren:

"I say" ist BE (zudem altmodisch)

"fucking hell" hatte ich bisher nur von Briten gehört, weiß aber nicht, ob es wirklich typsch BE ist.

"outrageous" ist m. E. nicht typisch britisch.
Dieses Forum läuft ja langsam einem sprachwissenschaftlichen Studium den Rang ab :freu: :freu: :freu:

CID
Linguistic Guru
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Beitrag von CID »

Sommerset hat geschrieben:Mir fiel das nur so ein. Sollte ja nur am Rande sein falls es wirklich mal jemand interessiert wie man eine Sprache in der Hinsicht aufteilen kann und da es schon angesprochen wurde von den Unterschieden. Vielleicht kann MBS was mit anfangen.

Ich glaube wir haben auch in anderer Hinsicht so manchem den Rang abgelaufen :wink:
Ich meinte das durchaus ernst! Ich finde so etwas wirklich interessant. Für meine Begriffe kannst du, oder natürlich jeder andere, der einen entsprechenden sprachwissenschaftlichen Hintergrund hat, das des öfteren tun. :tup:

MBW
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Beitrag von MBW »

wie man eine Sprache in der Hinsicht aufteilen kann und da es schon angesprochen wurde von den Unterschieden. Vielleicht kann MBS was mit anfangen.
Wenn ich mit MBS gemeint bin, dann kann ich sehr wohl etwas damit anfangen. Da ich allgemeine, computer-, neuro- und psycholinguistische Aspekte zum Thema Mehrsprachigkeit bisher näher betrachtet habe und noch keine Zeit hatte für diese... soziolinguistischen (?), sind mir die Begriffe absolut neu. Super!

Zu CID:
Ich glaube nicht, dass der Verfasser dieser Szene zum Ausdruck bringen wollte, welche Uhrzeit es sein könnte (rush hour), oder ob es Leute sind die Geld haben (Taxi fahren) oder sonst irgend etwas in diese Richtung. Er wollte wohl nur ein Beispiel finden, wie verschiedene Leute DERSELBEN Situation sprachlich begegnen, also mit welchen Ausdrücken sie darauf reagieren.
Der Verfasser hat dazu angeregt, sich die Leute genaustens auszumalen, so "Profiler-mäßig". Ich habe dabei gemerkt, dass ich nicht nur auf die Sprache achte, wenn ich mir ein Bild von den Leuten mache... und dass ein Fuckin hell nicht gleich Fuckin hell ist. Wie auch schon angemerkt wurde. Ich glaube nicht, dass das Ziel des Buches ist, die verschiedenen sprachlichen Möglichkeiten aufzuzeigen. Trotzdem Danke, so habe ich es auch noch nicht betrachtet.

wie meinst du das im Zusammenhang mit dem was du geschrieben hast über die 3 Leute.
Deine Erklärung finde ich eigentlich sehr intressant. Auch die Beiträge der anderen.[/quote]

Man kann meine Frage und diese UMfrage als relativ getrennt betrachten. Wenn man meine Umfrage aber versucht auf das Beispiel zu übertragen, würde einer der Beteiligten vielleicht etwas zwar Verständliches, aber nicht besonders Idiomatisches sagen.

Ich kenne z.B. einen Deutschen der Polnisch spricht und er benutzt Ausdrücke (auch Schimpfwörter), die in seinem Munde peinlich, kindlich klingen. Als ich herausgefunden habe, dass er sein Polnisch von seiner Freundin gelernt hat, wusste ich, weshalb das so auf mich wirkte. Er verwendete eher "weibliche Wendungen" und hatte wohl auch die "weibliche Tonlage" von ihr übernommen. Das fand ich super interessant. Aber ohne diese Info hatte er eher verwirrend auf mich gewirkt, wenn er Polnisch sprach.
[/quote]

Cliff
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Beitrag von Cliff »

Ich denke, daß eine These, die behauptet, daß man die Identität einer Person anhand einer Reaktion auf ein 'verpaßtes Taxi' betimmen kann, einfach nicht zutreffend ist. Jeder von uns war doch schon einmal in einer Situation wie der oben beschriebenen und dann denkt man doch zuerst mal 'Mist, Sch**ße'. Vor allem wenn man es eilig hat. Und würde man das dann nicht auch sagen, wenn auch nur vor sich hingemurmelt? Zumindest würde wohl keiner sagen 'So ein Pech' oder 'Das ist aber schade'. Nur hieraus kann man halt nicht auf die Identität schließen. Jeder Mensch hat sein eigenes Register, d.h. einen Wortschatz in dem er sich gewöhnlich bewegt, doch gewisse Situationen können ihn / sie dazu bewegen, das Register auch zu verlassen. Wenn man sich ein Bild über die Sprache eines Menschen machen möchte, dann kommt wohl nicht daran vorbei, sich mit dessen Mono- oder Dialogen zu beschäftigen. Denn ich glaube kaum, daß z.B. ein Uni-Prof. in jedem zweiten Satz ein f***ing einbauen würde, oder?
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MBW
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These

Beitrag von MBW »

@ Cliff.... das ist nicht meine These, sondern ein Umkehrschluss.

Cliff
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Re: These

Beitrag von Cliff »

MBW hat geschrieben:@ Cliff.... das ist nicht meine These, sondern ein Umkehrschluss.
Das hatte ich auch nicht behauptet. :wink:

Ich wollte nur sagen, daß eine solche These nicht sehr standhaft 'wäre'.
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CID
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Beitrag von CID »

@CID
"outrageous" ist m. E. nicht typisch britisch.
Weder noch ... denke ich. Könnte mir aber vorstellen, dass es im BE öfter zu hören ist, als im AE.

MBW
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Beitrag von MBW »

Ja, das hoffe ich auch.

CID: Ich dachte, dass trotz der großen "open your mind"-Lehren, der Mensch doch weitgehend auf dem Schubladendenken beruht?

Aber das ist so eine Grundsatzdiskussion, weit ab von der eigentlichen Frage. Ich wünsche mir ganz viele Eindrücke, Ideen zu meiner ersten Frage. Das Bisherige ist schon echt toll. Ihr habt mich echt zum Nachdenken gebracht.

Wen die Themen "Internationale Identität, Mehrsprachigkeit" interessiert, der melde sich gern bei mir. Ich habe auch mal etwas zu Erstsprachabbau (First Language Attrition) gemacht und mit vielen englischen Muttersprachlern geredet, die z.B. hier mit einer/m Deutschen verheiratet sind. Das war total interessant, was die erzählt haben. Aber das nur am Rande.

Freue mich jedenfalls auch hierzu sehr über Diskussionspartner.

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